pte20040818015 Medizin/Wellness, Forschung/Entwicklung

Schmutzige Kindheit schützt vor Krankheit

Ursachen für Lymphdrüsenkrebs: Ergebnisse stimmen teilweise mit Hygiene-Theorie überein


Heidelberg (pte015/18.08.2004/10:49) Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrum http://www.dkfz.de sind den Ursachen für Lymphdrüsenkrebs auf der Spur. In einer groß angelegten Studie haben sie mehr als 700 Patienten mit der gleichen Anzahl gesunder verglichen. Demnach konnten sie einige Risikofaktoren ausmachen. So litten Menschen, die Kinderkrankheiten durchgemacht hatten, seltener an Lymphdrüsenkrebs. Möglicherweise begünstigt eine unzureichende Beanspruchung des Immunsystems in der frühen Kindheit nicht nur Allergien, sondern auch Leukämien und Lymphome.

Die ersten Ergebnisse der deutschen Lymphomstudie weisen auf immunologische Risiken hin, die von Lebensstil- und Umfeldbedingungen geprägt werden, berichten die beiden Studienleiter Nikolaus Becker und Alexandra Nieters. Beim Lymphdrüsenkrebs unterscheidet man den Morbus Hodgkin und die so genannten Non-Hodgkin-Lymphome. Letztere zählen zu den wenigen Krebsformen, bei denen sowohl die Erkrankungshäufigkeit als auch die Sterblichkeit in den letzten 20 Jahren stetig zugenommen hat. Diskutiert wird, ähnlich wie bei Allergien, ein Einfluss der Bedingungen in der frühen Kindheit. Nach der so genannten Hygiene-Hypothese könnte eine unzureichende Auseinandersetzung mit Erregern in der frühen Kindheit, die für moderne Kleinfamilien typisch ist, für spätere Fehlentwicklungen des Immunsystems in Richtung Lymphdrüsenkrebs zumindest mitverantwortlich sein. Wenn die Hypothese stimmt, müsste etwa auch ein Aufwachsen "auf dem Bauernhof" eine gewisse Schutzwirkung entfalten.

In der Fallkontrollstudie, die zwischen 1999 und 2003 durchgeführt wurde, waren beide Arten Lymphdrüsenkrebs vertreten. Dabei wurden demografische Merkmale, Lebensstilfaktoren, medizinische Vorgeschichte und berufliche Umgebung miteinbezogen. Tatsächlich waren einige Faktoren positiv oder negativ mit dem Lymphomrisiko assoziiert. So war die Wahrscheinlichkeit, an einem Lymphom zu erkranken, bei Tierkontakten in der Kindheit vermindert (zu Schafen, Ziegen, Kaninchen und Hasen). Bei engem Kontakt zu Rindern war sie dagegen erhöht. Das Erkrankungsrisiko war ebenfalls erniedrigt, wenn in der Kindheit Kinderkrankheiten wie Masern und Keuchhusten durchgemacht wurden oder die Probanden gegen Tetanus geimpft waren. Bei Impfung gegen Tuberkulose war es allerdings erhöht. Infektionen in der Kindheit sind schon mehrfach im Hinblick auf das Lymphomrisiko untersucht worden, allerdings mit widersprüchlichen Resultaten. Ein verringertes Risiko speziell nach Maserninfektion war aber wiederholt beobachtet worden. Dass die Krankheit auch mit einem erhöhten Allergierisiko einhergeht, könnte für eine immunologische Gemeinsamkeit in der Krankheitsentstehung sprechen.

"Die Ergebnisse stimmen nur teilweise mit der so genannten Hygiene-Hypothese überein. Das kann damit zusammenhängen, dass diese Faktoren tatsächlich keine maßgebliche Rolle bei der Entstehung von Lymphomen spielen, oder die untersuchten Indikatoren (z.B. Zahl der Geschwister) unzulänglich sind", so Nikolaus Becker. "Gleichwohl scheinen die Umfeldbedingungen der frühen Kindheit einen lang anhaltenden Einfluss auf das Immunsystems zu haben, der durchaus mit der Entstehung von Lymphomen in Verbindung gebracht werden kann", führt der Experte aus. In einer zweiten Phase der Datenauswertung werden jetzt weitere potenzielle Risikofaktoren analysiert.

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