pte20051117039 Medizin/Wellness, Politik/Recht

Nichtbehandlung von Depressionen verdreifacht Suizidrisiko

Verzicht auf umstrittene Medikamente für Wiener Experten keine Lösung


Wien (pte039/17.11.2005/13:47) In der von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA http://www.fda.gov/cder/drug/advisory/SSRI200507.htm ausgelösten Diskussion über den Zusammenhang erhöhten Suizidverhaltens mit der Einnahme von Antidepressiva (siehe auch: http://www.pressetext.de/pte.mc?pte=051108028 ) hat sich nun auch die Österreichische Gesellschaft für Neuropsychopharmakologie und Biologische Psychiatrie ÖGPB http://www.oegpb.at zu Wort gemeldet. Anlässlich ihrer heute, Donnerstag, in Wien stattfindenden Tagung hat Vorstandspräsident Siegfried Kasper die Wichtigkeit antidepressiver Behandlung bei Suizidgefahr betont und Bedenken gegenüber dem Einsatz entsprechender Medikamente zerstreut.

Die von den US-amerikanischen Experten aufgeworfene Frage, ob Antidepressiva wie SSRIs (Selektive Serotonin Wiederaufnahmehemmer) oder SNRIs (Selektive Serotonin- und Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer) durch entsprechende Nebenwirkungen das Suizidrisiko erhöhen, beantwortet Kasper im Gespräch mit pressetext mit einem eindeutigen "Nein". Entsprechende Studien hätten gewisse statistische Gesichtspunkte nicht beachtet, will Kasper den publizierten Warnungen keinen übermäßigen Glauben schenken. Leicht höhere Suizidraten bei Patienten mit Antidepressivabehandlung gegenüber Patienten der Placebo-Kontrollgruppe seien dadurch zu erklären, dass viele Teilnehmer, denen ein Placebo verabreicht wird, schon nach kurzer Zeit die Therapie abbrechen und somit in der für die Studie verwendete Suizidstatistik nicht mehr aufscheinen würden, so Kasper.

"Gesichert ist allerdings, dass eine Nichtbehandlung von Depressionen zu einem drei- bis vierfachen Suizidrisiko führt", sieht Kasper gegenüber pressetext keine wirkliche Alternative zur medikamentösen Therapie. Diese müsse selbstverständlich mit diagnostischer Vorarbeit und psychotherapeutischen Maßnahmen verknüpft werden, so Kasper weiter. Bei Kindern und Jugendlichen müsse beim Behandlungsansatz verstärkt die psychosoziale Intervention ins Auge gefasst werden, die auch andere Familienmitglieder bzw. in erster Linie die Eltern umfasse.

Als skandalös bezeichnet Kasper in diesem Zusammenhang den Umstand, dass in Österreich immer noch "kein einziges Depressivum zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen zugelassen ist". Verschreibungen erfolgten somit immer Off-Label und würden Ärzte dazu zwingen, sich bei der Behandlung jener Patienten permanent in einem gesetzlich nicht abgesicherten Rahmen zu bewegen. Die fehlende Vorgabe führe indirekt auch dazu, dass Kindern und Jugendlichen in vielen Fällen immer noch ältere, toxisch bedenklichere Medikamente verschrieben würden. "Das Gesundheitsministerium sowie die zuständigen Behörden müssen hier endlich die gesetzlichen Grundlagen schaffen", meint Kasper gegenüber pressetext abschließend.

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