pte20051129007 Politik/Recht, Kultur/Lifestyle

Kulturpessimismus kein Rezept gegen Überalterung der Gesellschaft

Symposium der Adenauer-Stiftung diskutiert das "Reformprojekt Generation"


Die Gesellschaft wird älter
Die Gesellschaft wird älter

Berlin/ München (pte007/29.11.2005/07:35) Beim neunten literarischen Symposium in der Berliner Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) http://www.kas.de fanden sich Literaten, Sozialwissenschaftler, Politiker, Journalisten und Altersforscher ein, um eine Zustandsbeschreibung und Lösungsvorschläge für den demographischen Wandel zu liefern. Der Historiker Paul Nolte ist der Fürsprecher der "Generation Reform". In einem sehr leidenschaftlichen Vortrag lieferte er ein Porträt dieser Gruppe. Es handele sich um eine neue skeptische Generation, die pragmatisch denke und auf alles Utopische verzichte, und auch um eine verängstigte Generation, die desorientiert wirke.

Für diejenigen, die Ende oder kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden, ging es immer nur bergauf. Die Deutschen verdienten immer mehr, sie konnten längere und teurere Fernreisen machen, die Arbeitszeit wurde verkürzt, und es gab immer etwas zu verteilen. Nolte bezeichnete diese Bundesdeutschen als die "goldene Generation". Nolte trat nicht als raunender Kulturpessimist auf, sondern wollte Mut machen. Angesichts der grassierenden Kinderlosigkeit von Akademikern sagte der Historiker: "Warum lese ich denn so viele Bücher, wenn ich diesen Schatz der Bildung nicht an meine eigenen Kinder weitergeben kann?"

Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Podiumsdiskussion: Von dem ZDF-Journalisten Helmut Herles moderiert, diskutierten Elisabeth Niejahr von der Wochenzeitung "Die Zeit", Brigitte Kronauer, der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Mißfelder, Meinhard Miegel sowie Paul Baltes, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin. Miegel hielt der Politik vor, sie werde von der Wirklichkeit vorangeschoben. Sie sei nicht Subjekt, sondern Objekt. Die heutigen Systeme der sozialen Sicherung seien für Gesellschaften geeignet, wie es sie vor 50 oder 100 Jahren gegeben habe. Notwendig seien harte Zäsuren und klare Reformschritte.

Die Journalistin Elisabeth Niejahr lenkte die Aufmerksamkeit auf das Gesundheitssystem. Wichtig sei mehr Transparenz. Der Laie könne nicht durchschauen, welche Kosten zum Beispiel durch alte Menschen entstehen. Außerdem dürfe nicht nur über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern es müsse auch über die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gesprochen werden, so Niejahr. Die Vereinigten Staaten seien weiter, da dort Pflegedienste bereits offiziell anerkannt würden.

Breiten Raum nahm die Debatte über das so genannte vierte Alter ein. Viele der heute 65 bis 80-jährigen sind mobil, dynamisch und gesund. Sie verfügen über eine gute Altersversorgung und können am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. "Das Problem wird das hohe Alter werden. Der Lebensabschnitt der über 90-jährigen Menschen wird nicht zur Belle Epoque werden", mahnte der Altersforscher Baltes. Der Lebensrahmen müsse nicht immer weiter herausgeschoben werden. Ältere seien bereit, Abstriche für Jüngere zu machen. Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer, dass sich die Jungen und Alten nicht gegeneinander ausspielen lassen dürfen. Das Projekt der "Generation Reform" kann nicht nur von den Jungen geschultert werden. Allerdings müssen Politik und Gesellschaft in Zukunft mehr Sorge tragen, dass mehr Geld in Forschung und Bildung und damit in Zukunft investiert wird. Eine Gesellschaft, die nur in die Vergangenheit investiert und zusätzlich die Schulden der vorherigen Generation erbt, hat schlechte Überlebenschancen.

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