pte20060713030 Technologie/Digitalisierung, Politik/Recht

EU-Anhörung: Softwarepatent-Gegner schlagen Alarm

Kommission versucht Kritiker zu beschwichtigen


Europäische Patentediskussion erneut aufgeflammt
Europäische Patentediskussion erneut aufgeflammt

Brüssel (pte030/13.07.2006/13:35) Die Diskussion um eine künftige europäische Patentpolitik ist gestern, Mittwoch, in Brüssel erneut aufgeflammt. In einer öffentlichen Anhörung der Europäischen Kommission haben sowohl Gegner als auch Befürworter einer zentralisierten europäischen Patentregelung ihre Argumente vorgebracht. Als besonders argwöhnisch präsentierten sich dabei erneut Kritiker aus dem Software- und IT-Bereich sowie Vertreter von KMUs, die vor gut einem Jahr mit ihren heftigen Protesten dazu beigetragen hatten, eine neue Softwarepatent-Regelung zu verhindern. Die Kommission war indes um Kalmierung bemüht.

"In meiner Amtszeit wird es keine weitere Initiative im Bereich computerimplentierter Erfindungen geben", so EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy in seiner Abschlussrede. Er versprach im Namen der Kommission alle geäußerten Kritikpunkte und Anregungen für eine zukünftige europäische Patentlösung zu berücksichtigen, unterstrich gleichzeitig aber auch die Notwendigkeit einer effizienten Regelung. "Die derzeitige Situation tut europäischen Unternehmen sicherlich keinen Gefallen", so McCreevy in Anspielung auf die unterschiedlichen nationalen Bestimmungen und Vorgehensweisen.

Der Vorstoß McCreevys, der eine breite Unterstützung für das nicht unumstrittene Prozessabkommen EPLA (European Patent Litigation Agreement) http://www.european-patent-office.org/epo/epla/index_d.htm ortete, stieß bei Gegnern des Abkommens auf heftige Kritik. "Mit der Befürwortung des EPLA stellt sich der Kommissar auf die Seite von Anwälten und Konzernlobbyisten", meinte etwa Florian Müller, Gründer der NoSoftwarePatents-Kampagne http://www.nosoftwarepatents.com , in einer ersten Reaktion auf die gestrige Anhörung. "Unter Softwarepatent-Aspekten hätte das EPLA sogar weit schlimmere Folgen, als es die zurückgewiesene Richtlinie gehabt hätte", so Müller weiter. Softwarepatente könnten damit in Zukunft viel leichter durchgesetzt werden. Auch würden Patentinhaber geradezu ermutigt werden, Klagen anzustrengen, zeigte sich Müller überzeugt.

Diese Kritik kann Johannes Werner vom österreichischen Patentamt http://www.patentamt.at nicht teilen. "Das Thema Software-Patente ist nach den x-fach geführten Diskussion jetzt einmal für eine längere Zeit vom Tisch", will sich Werner im pressetext-Interview auf ein Wiederaufflammen der Auseinandersetzung erst gar nicht einlassen. Wichtig sei nun in erster Linie, die europäische Patententwicklung voranzutreiben und zentralisierte Methoden der Rechts- und Patentdurchsetzung zu ermöglichen. Eine Lösung der komplexen europäischen Patentsituation sei essenziell, um den vorherrschenden Wettbewerbsnachteil gegenüber den USA, China und Russland abzubauen, so Werner.

Was die kontrovers geführte Diskussion um die Vergabe von Softwarepatenten betrifft, ortet der Patentexperte eine implizite Harmonisierung. "Die zum Teil polemisch geführte Diskussion von Gegnern wie Befürwortern hat dennoch zum Nachdenken angeregt und bei den erteilenden Ämtern zu einem erhöhten Problembewusstsein geführt", meint Werner abschließend.

(Ende)
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