pte20060802006 Forschung/Entwicklung, Medizin/Wellness

Forscher verschaffen Einblick in Organisation des Gehirns

Lange Nervenfaserverbindungen sind genau so wichtig wie kurze


(Foto: neurolabor.de)
(Foto: neurolabor.de)

Bremen/Newcastle (pte006/02.08.2006/08:30) Wissenschaftler der Newcastle University http://www.ncl.ac.uk und der International University Bremen http://www.iu-bremen.de haben in einer neuen Studie nachweisen können, dass lange Nervenfaserverbindungen für das Funktionieren des Gehirns genau so wichtig sind wie kurze. Die vorherrschende Theorie, dass das Nervensystem am besten funktioniert, wenn die Nervenzellen hauptsächlich mittels sehr kurzen Nervenfasern miteinander verbunden sind, haben sie somit entkräften können. Dieser neue Einblick in die Organisation des Gehirns könnte letztendlich zu Fortschritten in der Diagnose und der Behandlung von Alzheimer und Autismus führen. Die Studienergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift PloS Computational Biology http://compbiol.plosjournals.org veröffentlicht.

Vieles von dem, was wir vom menschlichen Gehirn wissen, ist aus neurowissenschaftlichen Forschungen an Primaten hergeleitet. Primaten sind Gegenstand der Forschungen, weil sie die gleichen evolutionären Stadien wie Menschen durchgemacht haben. Auch die aktuelle Studie basiert auf Daten aus anatomischen Studien der Gehirne von Primaten und Würmern, die einer Computeranalyse unterworfen wurden. Dieses Computerprogramm registrierte Informationen über die Länge der Nervenfasern und die neuronalen Verbindungen - so genannten Axone - im Gehirn. Es wurde geprüft, ob die gesamte Länge der Fasern reduziert werden konnte. Da die Nervensysteme überraschend viele Fernverbindungen haben, könnte die Länge der Verbindungen tatsächlich um 50 Prozent verkürzt werden.

Die Forscher entdeckten, dass die langen Fasern so wichtig sind, weil sie im Vergleich zu den kürzeren Fasern viel schneller Botschaften über einen langen Abstand schicken können. Darüber hinaus sind längere Fasern viel zuverlässiger, wenn es auf die Transmission von Botschaften über längere Abstände ankommt. Marcus Kaiser, Neurowissenschafter an der School of Computing Science http://www.cs.ncl.ac.uk und dem Institute of Neuroscience http://www.ncl.ac.uk/ion/ der Universität Newcastle, vergleicht dieses Prinzip mit einer Zugfahrt. "Die Reise geht viel schneller und einfacher, wenn man eine direkte Verbindung nimmt. Gibt es viele Zwischenstationen und muss man immer wieder umsteigen, dann dauert es länger, bevor man am Bestimmungsort ist. Außerdem besteht das Risiko, einen Anschluss zu verpassen." Im menschlichen Gehirn funktioniere das genau gleich.

"Viele Menschen gehen davon aus, dass das Gehirn wie ein Computer funktioniert und dass für eine optimale Effektivität daher hauptsächlich kurze Verbindungen zwischen den Nervenzellen bestehen müssen", erklärt Claus Hilgetag, Wissenschaftler an der School of Engineering and Science der International University Bremen http://www.iu-bremen.de/schools/ses . Diese Studie zeige jedoch, dass eine Kombination von verschiedenen Längen essenziell sei. "Interessant ist vor allem, dass die Forscher bei Primaten und Würmern die gleichen Beobachtungen machen konnten, obwohl die Größe und Form ihrer Gehirne sehr unterschiedlich ist", so Hilgetag abschließend.

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