pte20061026003 Medien/Kommunikation, Technologie/Digitalisierung

Digital-TV: Auch Privatsender können öffentlichen Auftrag wahrnehmen

"Traditionelle Mediennutzung muss berücksichtigt werden"


(foto: voep.at)
(foto: voep.at)

Wien (pte003/26.10.2006/06:20) Die Gefahren und Chancen, die sich für Rezipienten und private Sendeanstalten aus der heute, Donnerstag, startenden Digitalisierung des österreichischen Rundfunks ergeben, wurden diese Woche von zahlreichen Medienexperten diskutiert. Initiiert wurde die Diskussionsrunde vom Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) http://www.voep.at . Neben der Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung in 'information rich' und 'information poor' wurde auch die Debatte über eine öffentliche Ausschreibung des öffentlich Auftrags, der bis dato dem ORF zustand, neu entflammt.

Die digitale Übertragungsform soll den Rezipienten einige Vorteile bringen. Digitale Formate bieten unter anderem bessere Bild- und Tonqualität und eine vielseitigere Programmauswahl. Nach momentanen Schätzungen von Experten werden aber etwa fünf Prozent der Österreicher nicht in den Genuss dieser neuer Technologie kommen. "Um diese betroffenen Menschen muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk besonders Gedanken machen", so die Forderung von Medienpolitiker Stefan Schennach von den Grünen http://www.gruene.at , ansonsten sei ein so genannter 'Knowledge Gap', eine wissenbasierte Spaltung der Gesellschaft, zu befürchten. Dabei würde es sich aber nicht um reine Politik handeln, sondern die Regierung trage hier eine soziale Verantwortung, indem sie allen Menschen in Österreich den gleichen Zugang zu der neuen Technologie bietet. "Es handelt sich dabei um etwa 7.000 Menschen, die nicht erfasst werden", so Schennach. Konkrete Lösungsvorschläge wurden aber von Seiten des Grünen Medienpolitikers nicht gebracht.

Eine ähnliche Gefahr sieht Peter Vitouch, Medienpsychologe am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien http://www.univie.ac.at/publizistik . Eine gesellschaftliche Spaltung würde aber darüber hinaus auch stark vom Mediennutzungsverhalten der Rezipienten abhängen. Neue Sendeformate würden die Gefahr bergen, dass bestimmte Nutzungsverhalten, vor allem die traditionelle passive Mediennutzung, übergangen werden. Viele Rezipienten würden, so Vitouch, in den Programmen Sicherheit und Voraussagbarkeit suchen und dies habe natürlich Auswirkungen auf die Programmwahl. Bei Sportübertragungen beispielsweise können die Rezipienten voraussagen wer gewinnen wird, trotzdem besteht ein gewisser Überraschungsfaktor, dass vielleicht doch wer anderer gewinnt.

Diese Menschen müssen, wie Vitouch anmerkt, von den Rundfunkanstalten berücksichtigt werden. Einerseits sollen die Formate den Rezipienten eine gewisse Kontrolle zugestehen, andererseits haben die Sendeanstalten die Aufgabe, diesen Menschen Kompetenz zu vermitteln. Diese Verantwortung beschränke sich aber keineswegs nur auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Die Forderung an die privaten Sender, soziale Kompetenz zu übernehmen, geht jedoch über die inhaltilchen Formate hinaus. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder die öffentliche Ausschreibung des öffentlichen Auftrags, der bis dato dem ORF http://www.orf.at zustand, gefordert. Zu diesem Auftrag gehören unter anderem die Grundversorgung sowie der Programmauftrag, der auch Minderheiten und den Bildungsauftrag berücksichtigt. Dieser Auftrag ist mit staatlichen Förderungen verbunden, was von den privaten Sendern in der jüngsten Vergangenheit oft kritisiert wurde. Martin Blank, Geschäftsführer von PulsTV http://www.pulstv.at , behauptet beispielsweise, dass auch die privaten Sendeanstalten dem öffentlichem Auftrag durchaus gerecht werden könnten. Allerdings müsse dann die bisherige Anstaltsförderung des ORF in eine Inhaltsförderung umgewandelt werden, die auch die privaten Sender berücksichtigt.

Eine gesamte Ausschreibung des öffentlichen Auftrags hält Schennach jedoch nicht für sinnvoll. "Gewisse Aufgaben wie beispielsweise die Grundversorgung sind einfach besser beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgehoben", so Schennach. Teilbereiche des Auftrags auszuschreiben wäre hingegen ein konstruktiver Lösungsansatz. So sei es unter anderem für den ORF sehr schwierig alle Minderheiten in Österreich in der Programmgestaltung zu berücksichtigen - hier wäre also eine Vergabe an private Sender sehr konstruktiv.

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