pte20070112024 Medizin/Wellness, Kultur/Lifestyle

25-facher Anstieg von Syphilis in China

Experten kritisieren Unwissenheit bei sexuell übertragbaren Krankheiten


Nanjing/Berlin (pte024/12.01.2007/13:50) Die Veränderung des Lebensstils in China macht sich auch in der Gesundheitsstatistik bemerkbar. Ein neuer Bericht der staatlichen Gesundheitsbehörden zeichnet ein erschütterndes Bild: Seit den 1990er Jahren ist die Zahl der Syphilis-Erkrankungen um das 25-fache angestiegen. Gründe dafür sind zunehmende Prostitution, vorehelicher Geschlechtsverkehr, inadäquate Gesundheitsberatung und Aufklärung, berichtet das Wissenschaftsmagazin Lancet http://www.thelancet.com in seiner aktuellen Ausgabe.

Als die kommunistische Partei 1949 an die Macht kam, gab es in China die bisher schlimmste Syphilis-Epidemie in der Geschichte der Menschheit. In manchen Städten waren damals bis zu fünf Prozent der Bevölkerung betroffen. Die damals neue Regierung hatte das Problem innerhalb weniger Jahre in den Griff bekommen, in dem sie eine kostenlose Behandlung sowie ein umfassendes Untersuchungsprogramm ins Leben rief. Zudem wurde die Gesetzgebung gegen Prostitution strikter. Diese Maßnahmen führten dazu, dass Syphilis praktisch nicht mehr vorhanden war.

Die Lebensstil-Änderungen der vergangenen 20 Jahre haben nun allerdings dazu geführt, dass Syphilis quasi wiederauferstanden ist. Die Erkrankungsrate stieg von 0,2 Fällen pro 100.000 Einwohner im Jahr 1983 auf 5,7 Fälle im Jahr 2005. In Shanghai wurden sogar 55 Fälle pro 100.000 Einwohner von Krankenhäusern und Kliniken festgestellt. Die Daten stammen vom China National Center for Sexually Transmitted Diseases in Nanjing. Der Mediziner Myron Cohen vom Center for Infectious Diseases in Chapel Hill/North Carolina http://medicine.med.unc.edu , der gemeinsam mit den chinesischen Gesundheitsbehörden arbeitet, geht davon aus, dass die Infektionsrate noch weiter zunehmen wird. "Es wird noch schlimmer werden, ehe es besser wird", meint der Experte.

"In Deutschland liegt die Inzidenz bei 3,9 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner", erklärt der Mediziner Ulrich Marcus, stellvertretender Leiter des Fachbereichs "HIV/Aids und andere sexuell oder durch Blut übertragene Infektionen" am Berliner Robert-Koch-Institut http://www.rki.de , im pressetext-Interview. "Deutliche Steigerungen der Infektionsraten konnten zwischen 2000 und 2004 festgestellt werden. Die Zahlen zwischen 2004 und 2005 sind nahezu gleich geblieben", so Marcus. In den vergangenen Jahren sei es vor allem zu einer Zunahme der Erkrankung bei homosexuellen Männern gekommen, erklärt der Experte. "Wie in den meisten europäischen Ländern, ist Syphilis auch in Deutschland eine meldepflichtige Erkrankung." Der Grund für das Auftreten von Dunkelziffern liege meist darin, dass keine besonderen Beschwerden vorliegen oder Ärzte die Erkrankung nicht richtig diagnostizieren und daher keine Meldung abgeben.

Marcus kritisiert in diesem Zusammenhang die generell schlechte Kenntnis der Allgemeinbevölkerung über sexuell übertragbare Erkrankungen und dem Risiko sich damit anzustecken. "Syphilis kann sowohl bei Vaginal, als auch beim Anal- und Oralverkehr übertragen werden." Die Infektion, die durch Bakterien verursacht wird, ist besonders in den ersten beiden Stadien hochinfektiös. "Ein weiterer heikler Punkt bei Syphilis ist die Viel-Gestaltung der Symptome, die auch von Medizinern häufig fehlinterpretiert werden", meint der Mediziner. In Europa seien derzeit zwei unterschiedliche Entwicklungen zu beobachten: "In Westeuropa ist es zu einer Zunahme der Erkrankungshäufigkeit bei Homosexuellen gekommen, in Osteuropa hingegen bei Heterosexuellen. Hier ist es aufgrund der ökonomischen Umwälzung zu einem sprunghaften Anstieg der Syphilis in den 1990ern gekommen, die sich auch heute noch auswirkt", so der Mediziner abschließend im pressetext-Interview.

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