pte20070524035 Umwelt/Energie, Politik/Recht

Bundes-Umwelthaftungsgesetz: Von der Industrie für die Industrie

Pirklhuber übt heftige Kritik an Aufweichung der Haftungsbestimmungen


Wien (pte035/24.05.2007/13:55) Auf heftige Kritik stößt der Entwurf des neuen Bundes-Umwelthaftungsgesetz (B-UHG), der - geht es nach den Wünschen der Wirtschaftskammer - im nächsten Plenum des Nationalrats Anfang Juni beschlossen werden soll. Eine intern durchgesickerte Mail der Wirtschaftskammer, die pressetext exklusiv vorliegt, wonach derzeit zu dem Thema keine Pressearbeit zu machen sei, "da der Lobbyingprozess im Hinblick auf wesentliche Themen noch nicht abgesichert ist", sorgt für weitere Aufregung. Der Absender der Mail, Wolfgang Brenner von der Umwelt- und Energiepolitik der Sparte Industrie http://www.wko.at/Industrie , wollte sich gegenüber pressetext dazu nicht äußern und keinen Kommentar abgeben.

Der Grüne Nationalratsabgeordnete Wolfgang Pirklhuber http://www.pirklhuber.at hat im pressetext-Interview den Gesetzesentwurf in Hinblick auf die Gentechnologie umrissen: "Der nach Intervention von Bundesminister Martin Bartenstein und der Wirtschaft abgeänderte Entwurf zu einem Bundes-Umwelthaftungsgesetz hebelt die bisherigen strengen Haftungsregelungen in Sachen Gentechnikfreiheit auf Bundes- und Landesebene aus", so Pirklhuber, Sprecher für Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit der Grünen. Konkret geht es im neuen Gesetz um eine Aufweichung des Haftungsumfangs bei eventuellen Schäden aus Verunreinigungen durch Abfall, aber auch nach einer Kontamination durch gentechnisch veränderte Lebewesen. "Ich bin überrascht, dass Umweltminister Josef Pröll den Interessen der Biotechnologie- und Chemie-Industrie nachgibt. Diese wollen die Haftung und damit die Verantwortung für einen möglichen Schaden aus dem Anbau von Gentechnik-Pflanzen auf die Steuerzahler abschieben", so Pirklhuber. Der Gesetzesentwurf sehe Haftungsausschlussgründe für den "genehmigten Normalbetrieb" und das so genannte "Entwicklungsrisiko" vor. "Explizit wird im Anhang 1 der Vorlage der Geltungsbereich dieser grundsätzlich inakzeptablen Regelung auch auf 'Jede absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt, sowie die Beförderung und das Inverkehrbringen dieser Organismen' ausgedehnt", so Pirklhuber.

"Obwohl derzeit der Anbau von Gentechnikpflanzen in Österreich durch Importverbote für die Maissorten MON 810, T25 und die Rapssorte GT 73 sowie die strengen Gentechnik-Vorsorge-Gesetze der Länder praktisch unmöglich ist, bedeutet diese Regelung einen Kniefall vor den Interessen der Gentechnik-Lobby", meint Pirklhuber. Damit widerspreche der Umweltminister außerdem seiner eigenen Gentechnik-Charta. Dort heißt es mit Blick auf die EU, dass Gentechnikfreiheit klare Haftungsregelungen brauche. "In dem öffentlich bekannt gewordenen internen Schreiben der Wirtschaftskammer Österreich brüstet man sich mit dem Erfolg der Intervention und geht davon aus, dass sich auch die Länder in ihrem Zuständigkeitsbereich wie dem Schutz des Bodens oder dem Schutz der Biodiversität eng am B-UHG orientieren werden", meint der Nationalratsabgeordnete.

Im Interesse der Glaubwürdigkeit der bisherigen parteiübergreifenden Politik für gentechnikfreie Lebensmittel und Landwirtschaft brauche man Haftungsbestimmungen, die strikt nach dem Verursacher-Prinzip geregelt sind und Inverkehrbringer und Anwender von Gentechnikpflanzen in die Pflicht nehmen, so Pirklhuber. Dies entspreche sowohl den Interessen der 1,2 Mio. Unterzeichnern des österreichischen Gentechnik-Volksbegehrens als auch dem Anliegen der Bauern, gesichert gentechnikfreie Lebensmittel erzeugen zu können, so Pirklhuber abschließend im pressetext-Gespräch.

Die Regierungsvorlage weise gegenüber dem Begutachtungsentwurf "Verbesserungen" auf, wie Elisabeth Furherr von der WKO im internen Mail formuliert. Dazu gehöre zum Beispiel die Normalbetriebseinrede - einer der am stärksten umstrittenen Punkte: Danach trägt der Betreiber nicht die Kosten der Sanierung, wenn die zum Schaden führenden Emissionen oder Tätigkeiten von einer Genehmigung gedeckt sind. Ein anderer Punkt betrifft die "Berücksichtigung des Entwicklungsrisikos": Demnach ist der Betreiber von der Kostentragung befreit, wenn das schädigende Ereignis zum Zeitpunkt der Tätigkeit nach dem Stand der Wissenschaft und Technik nicht als wahrscheinlich für einen Schadenseintritt angesehen worden ist.

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