pte20070704001 Umwelt/Energie, Forschung/Entwicklung

Auch Ratten können großzügig sein

Gutmütigkeit und Teilen als evolutionäres Erfolgsrezept


Bern (pte001/04.07.2007/06:05) Ratten, die von der Gutmütigkeit anderer Artgenossen profitiert haben, scheinen auch eher selbst großzügig zu sein. Zu diesem Schluss kommen Schweizer Forscher in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins PLoS Biology. Dieses Verhalten, das als "Verallgemeinerte Reziprozität" bezeichnet wird, war bisher nur beim Menschen bekannt.

Es geht um ein Verhalten, das ähnlich ist wie bei einem Menschen, der in einer Telefonzelle Geld im Automaten findet. In kontrollierten Studien haben Wissenschaftler gezeigt, dass solche Menschen hinterher eher Fremden in Not helfen, weil sie selbst Glück gehabt haben, berichtet der Forscher Michael Taborsky vom Zoologischen Institut der Universität Bern http://www.unibe.ch . Beim Menschen kann dieses Verhalten mit kulturellen Faktoren aber auch mit der zugrunde liegenden Biologie erklärt werden.

In dem Testablauf mit den Ratten hatte Taborsky einen Hebel installiert, dessen Betätigung dazu führte, dass andere Tiere, nur nicht jenes, das den Hebel betätigte, Nahrung erhielten. Jene Ratten, die davon profitierten, reagierten daraufhin auch gutmütig gegenüber fremden Tieren. Taborsky nimmt an, dass diese Art der Reziprozität aber bei weitem nicht nur bei Menschen und Ratten existiert. "Die Studienergebnisse deuten daraufhin, dass es sich um evolutionäre Mechanismen handelt", so Taborsky.

Warum Tiere kooperieren war schon lange ein Rätsel der Evolutionsbiologen. Nach der Theorie von Darwin sind alle Lebewesen dazu bestimmt, ihre individuellen Chancen auf Überleben zu trimmen. Daher gibt es die Frage, warum Tiere Akte der Großzügigkeit liefern. Am ehesten verständlich ist es noch, wenn dies im Kreis der Familie geschieht. Unklar bleibt es allerdings, welcher Nutzen hinter der Hilfe eines Sippen- oder Familienfremden steht. Die Überlegung ist die, dass auch eine solche Unterstützung in Zukunft dazu führen könnte, dass einem selbst geholfen wird. "Verallgemeinerte Reziprozität wird bei Tieren definitiv unterschätzt", erklärt der Evolutionsbiologe Laurent Keller von der Universität Lausanne http://www.unil.ch im pressetext-Interview. Es gebe sehr wenige Daten darüber, daher sei es schwierig zu sagen, welche Tiere dazu auch in der Lage sind, so zu handeln. Ein Problem ergebe sich natürlich auch daraus, dass es sich im Laborversuch nicht verdeutlichen lasse, in welcher sozialen Ordnung die Ratten zueinander stehen, meint Laurent.

"Hoch entwickelte Lebewesen wie Menschen oder Säugetiere können beurteilen, ob sie jemandem Hilfe angedeihen lassen oder nicht", meint Taborsky. Aber diese Art der "direkten Reziprozität" zwischen zwei Individuen kann nur unter bestimmten Bedingungen passieren. "Die Individuen müssen sich vorher häufig treffen und sich daran erinnern, was andere Individuen getan haben und wie sie sich in der Vergangenheit verhalten haben. Das bedeutet, dass die Tiere dementsprechend hohe kognitive Fähigkeiten aufweisen müssen", so Taborsky.

Eine andere Strategie - nämlich die Verallgemeinerte Reziprozität - bedeutet für das Individuum, dass die zurückliegende Interaktion mit jedem anderen Individuum das Verhalten der gesamten Gemeinschaft widerspiegelt. "In diesem Fall muss das Tier sich nur an die zuletzt gemachte Erfahrung erinnern und das ist ein einfacherer Mechanismus", so der Forscher. Er geht davon aus, dass Ratten beide Arten der Reziprozität beherrschen.

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