pte20080129003 Umwelt/Energie, Politik/Recht

US-Hilfe für Afrikas ausgehungerte Böden

Fünf-Jahres-Projekt AGRA soll vier Mio. Bauern helfen


Nairobi/Berlin (pte003/29.01.2008/06:05) Ein Fünf-Jahresprojekt soll vier Mio. Bauern südlich der Sahara helfen, besser und erfolgreicher anzubauen. Das Projekt unter dem Namen "Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika" (AGRA) http://www.agra-alliance.org wird von der Bill und Melinda Gates Stiftung sowie von der Rockefeller Foundation mitfinanziert. Insgesamt sollen damit 6,3 Mio. Hektar Anbaufläche wiederhergestellt werden, so die Pläne des Programms.

Die Organisatoren hoffen zudem, dass das Programm auch zu Verbesserungen der Einnahmen der Bauern führt und zudem die Böden der Region schützt. "Derzeit beläuft sich der Ertrag in Afrika auf ein Viertel des weltweiten Durchschnitts. Zudem leidet ein Drittel der Afrikaner an chronischem Hunger", so AGRA-Präsident Namanga Ngongi. "Wir wissen, dass die Verwendung von qualitativ hochwertigem Samen und eine Verjüngung des Bodens die Situation verändern könnte", so Ngongi. Innerhalb von zehn Jahren sollen in 20 Ländern 400 neue Sorten eingeführt werden.

Weiters setzt das AGRA-Projekt auch auf die Unterstützung der Frauen, die in ländlichen Regionen Afrikas zumeist die wichtigste Rolle als Kleinbauern spielen. Sie sind es auch, die über einzelne Anbaupflanzen genau Bescheid wissen. In Zukunft wolle man erreichen, dass der Landbau schonender werde. In der Vergangenheit hätten nicht nachhaltige Anbaumethoden dazu geführt, dass es zu einer Bodendegeneration gekommen ist. So wurden den Böden wertvolle Mineralstoffe entzogen und nicht mehr wieder zugeführt.

Kritisch stehen Umweltorganisationen und manche Landwirtschaftsexperten dem AGRA-Projekt entgegen: Sie sehen in der Initiative vorrangig Interessen der Agroindustrie. "Erste Wege einer grünen Revolution in Indien oder Argentinien haben deutlich gezeigt, dass der gewünschte Erfolg ausgeblieben ist. Es ist sogar zu einer Verschärfung der Lage gekommen", meint die Publizistin und Beraterin für politische Ökologie und internationale Entwicklung, Ute Sprenger, gegenüber pressetext. Die Proponenten der Hilfe wären durchwegs Weiße. Zudem könne man ihnen vorwerfen, dass sie keine wirkliche Ahnung davon haben, was in Afrika tatsächlich abgeht, kritisiert Sprenger, die auch am GenEthischenNetzwerk http://www.gen-ethisches-netzwerk.de mitarbeitet. "Das ist eine größere Komplexität als sich das die Geldgeber vorstellen. Die Zukunft Afrikas liegt nicht in Monokulturen, sondern in der großen Vielfalt der Pflanzen, die in verschiedenen Kulturräumen angebaut und gezüchtet werden."

"Im Grunde genommen bedeutet es, dass Afrikas Landwirtschaft industrialisiert werden soll", meint Sprenger. "Eine partizipative, bauernfreundliche Forschung sowie Investitionen in die Verbesserung der ländlichen Infrastrukturen, wären notwendig." Das stehe allerdings nicht auf der Agenda von AGRA, meint Sprenger. Die sozialen und ökologischen Flurschäden, die moderne Agrarsysteme in Argentinien oder Teilen Indiens angerichtet haben, sind immer noch zu spüren. "Aber wie sollen auch Superreiche die Landwirtschaft Afrikas verstehen, wo in ihrem Heimatland, den USA, die Nahrungsversorgung gerade einmal auf zwölf Pflanzen basiert, während es in afrikanischen Ländern schätzungsweise 2.000 verschiedene Pflanzen der Ernährung dienen."

Für die Manager der großen Saatguthersteller würde die "grüne Revolution" allerdings Wasser auf den Mühlen bedeuten. "Schon bald wird das Saatgut aus bäuerlicher Hand entschwunden sein und dann einen marktförmigen Charakter annehmen. Dem traditionellen freien Austausch, der über Jahrhunderte die Vielfalt der Formen hat entstehen lassen und die Ernährung sichern half, wird somit in den von AGRA fokussierten Regionen ein Ende bereitet", so Sprenger. "Folglich verlören die Bauern die Kontrolle über ihr Saatgut und wären auf den alljährlichen Neukauf angewiesen - mit Geld, das sie nicht haben", erklärt die Expertin abschließend gegenüber pressetext.

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