pte20080516022 Umwelt/Energie, Politik/Recht

Gen-Baumwolle: "Schon mehr als 100.000 Selbstmorde"

Alternativ-Nobelpreis-Trägerin fordert Rückbesinnung auf Regionalisierung


Vandana Shiva (Foto: navdanya.org)
Vandana Shiva (Foto: navdanya.org)

Bonn (pte022/16.05.2008/13:30) "Die Bauern fordern lautstark gentechnisch veränderte Saaten", kommentierte Landwirtschaftsminister Agit Singh noch im Frühjahr 2002 die erstmalige Zulassung genmanipulierter Baumwolle in Indien euphorisch. Die Realität hingegen sei erschreckend anders, schildert die Physikerin, Menschenrechtsaktivistin und Trägerin des Alternativ-Nobelpreises, Vandana Shiva, im Rahmen des Kongresses "Planety-Diversity" http://www.planet-diversity.org in Bonn. Im pressetext-Interview beschreibt Shiva einen Teufelskreis, in den die Bauern hineingeraten seien und aus dem es nur durch die Besinnung auf alte Werte ein Entrinnen gebe.

pressetext: Sie prangern den Gentechnikkonzern Monsanto für seine Vorgangsweise in Indien an und sprechen sogar von "Genozid". Was ist passiert?
Shiva: Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen den Selbstmorden der Bauern und "Bollgard", der gentechnisch veränderten Baumwolle von Monsanto http://www.monsanto.com . Inzwischen hat Monsanto sichergestellt, dass es so gut wie keine Alternative zu dieser Baumwolle gibt.

pressetext: Haben sich die versprochenen höheren Erträge nicht eingestellt?
Shiva: Das von der Gentechnik-Pflanze produzierte Bt-Gift kontrolliert nicht den Baumwollkapselbohrer, gegen den es wirken soll, sondern schafft neue Krankheiten und die Pflanzen benötigen letztlich mehr Pestizide. Monsanto versprach 1.500 Kilogramm Baumwolle pro Acre (1 Acre = circa 0,4 Hektar), der durchschnittliche Ertrag beläuft sich aber nur auf 300 Kilogramm. Da die Saaten von Monsanto sehr viel kosten, häuften Bauern Schulden an. Was noch dazu kommt ist, dass Bt-Pflanzen Hybridsorten sind, die Bewässerung brauchen.

pressetext:Wie viele Tote können in Indien den Gentechnik-Pflanzen zugeordnet werden?
Shiva: Von 200.000 Selbstmorden von Bauern, stehen 60 bis 70 Prozent mit den Bt-Pflanzen in Verbindung. Dort, wo die Bauern ihre eigenen Saaten verwenden, gibt es keine Selbstmorde.

pressetext: Welche Möglichkeiten gibt es, dem Teufelskreis wieder zu entfliehen?
Shiva: Ich bin zu einer einfachen Einsicht gekommen: Was gut für die Erde ist, ist auch gut für die Menschen. Wir müssen die Brille der Globalisierung wegschmeißen und die Brille der Regionalisierung und des Teilens aufsetzen. Wenn wir von industrieller auf ökologische, kleinbäuerliche, traditionelle Landwirtschaft umstellen, senken wir auch die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent. Wir müssen nur den Boden und die Mikroorganismen gut behandeln.

pressetext: Vielen Dank für das Gespräch.

(Ende)
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