pte20080911026 Bauen/Wohnen, Umwelt/Energie

Solarzellen auf Denkmalen auf dem Prüfstand

Energetischer Paradigmenwechsel betrifft auch historische Gebäude


Solar-Dach - SYSTAIC Solar system (Foto: systaic.de)
Solar-Dach - SYSTAIC Solar system (Foto: systaic.de)

Berlin (pte026/11.09.2008/12:30) Angesichts des rasant fortschreitenden Klimawandels müssen auch Denkmale ihren Teil zum Klimaschutz beitragen. Zudem lassen sich diese besonderen Gebäude im Bereich Solarenergie als Lackmustest für die Machbarkeit von Integrationslösungen verwenden. Das war die überraschend einhellige Meinung der Podiumsdiskussion "Denkmale und Solarenergie-Nutzung", zu dem die Systaic AG http://www.systaic.de und der Verein Denk mal an Berlin e.V. http://www.denk-mal-an-berlin.de gestern, Mittwochabend, geladen hatten. Allerdings müsse beim Einsatz von Solartechnologien auf denkmalpflegerische Aspekte wie ästhetische Werte und den Erhalt der Bausubstanz geachtet werden.

"Wo es gelingt, erfolgreiche Lösungen für die anspruchsvolle Aufgabe der energetischen Denkmalsanierung zu finden, lässt sich deren Innovationspotenzial häufig auch auf nicht-denkmalgeschützte Bestandsgebäude übertragen", erklärte Susanne Rexroth, Architektin und Dozentin an der FHTW Berlin, in einem einführenden Vortrag. Ein enormes Anwendungsfeld für Fassadentechnologien wie Photovoltaik-Module sieht Rexroth in der Nachkriegsmoderne. An erster Stelle solle im Denkmal-Bereich aber die Energieeinsparung durch Wärmedämmung stehen, erst danach die Integration von optimalen Energiequellen.

Kritisch beleuchtete die Expertenrunde in diesem Zusammenhang den Vorstoß der Stadt Marburg, deren geplante solare Baupflicht sich auf die homogene Dächerstruktur der Altstadt auswirken könnte. "Herausragende Denkmale werden nicht berührt", betonte Rechtsanwalt Fabio Longo, Vorstandsmitglied EUROSOLAR e.V. und Rechtsberater der Stadt Marburg für die Solarsatzung. Darüber hinaus sollen Projekte im Einzelfall geprüft werden, um, wenn möglich, Solartechnologien an das authentische Dachmaterial anzugleichen oder unauffällig zu integrieren.

"Den Einsatz von Solar-Panels an Baudenkmalen zu erzwingen, ist unsinnig", machte Johannes Cramer, Professor an der TU Berlin, deutlich. In Deutschland stellten Baudenkmale ohnehin nur einen Anteil von 2,7 Prozent aller Hochbauten. Derzeit habe der Gesetzgeber in Deutschland außerdem keine Differenzierungsmöglichkeit für Denkmale vorgesehen, kritisierte Cramer. Den Aufbau vorgefertigter Elemente auf vorhandene Gebäude ohne erkennbares gestalterisches Konzept bezeichnete Cramer als "für Baudenkmale inakzeptabel".

In dieselbe Bresche schlug auch Architekt Hans Kollhoff: "Das Denkmal ist ein gigantisches Problem, aber nur die Spitze des Eisberges". Auf der einen Seite stellten Solarzellen zwar eine zukunftsträchtige Art der Energiegewinnung dar. Andererseits würden durch die aktuellen Installationen historische Dachlandschaften und Stadtbilder verschandelt, betonte Kollhoff die Zweischneidigkeit des Themas. "Allerdings können sich Baudenkmale dem energetischen Paradigmenwechsel nicht entziehen", so Michael Pack, Vorstandsvorsitzender der systaic AG und Denkmalbesitzer. "Ich halte es für legitim, bei älteren Häusern überall dort moderne Kontrapunkte zu setzen, wo der ursprüngliche Zustand längst verloren gegangen ist."

Noch seien aber Denkmal-verträgliche Solartechnologien zu teuer und die Produktpalette nicht groß genug, meinte Susanne Rexroth. Bisher hätten sich zu wenig Architekten mit dem Thema auseinandergesetzt. "Die Solartechnologie als Bauelement sollte stärker in den Vordergrund gerückt werden", so die Architektin. Dass es möglich ist, ein denkmalgeschütztes Gebäude unter Umweltschutz-Aspekten herzurichten, zeigt das Beispiel arena Berlin http://www.arena-berlin.de . Auf dem Dach des ehemaligen Busdepots wurde eine Solaranlage installiert. Darüber hinaus lassen moderne Oberlichter je nach Wunsch Tageslicht ins Halleninnere oder verdunkeln es komplett. "Hauptbedingung für die Genehmigung von Solarzellen auf Denkmalen ist, dass das Erscheinungsbild nicht oder nur wenig beeinträchtigt wird", meint Marko Rosteck, Sprecher der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, auf Anfrage von pressetext. Dabei gelten vornehmlich ästhetische Gesichtspunkte. "Natürlich darf auch die denkmalgeschützte Baustruktur nicht beeinträchtigt werden."

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