pte20081112002 Kultur/Lifestyle, Politik/Recht

Schirm schützt Berufsmusiker vor Gehörschaden

Geräuschpegel erreicht bei klassischer Musik bis zu 120 Dezibel


Die Schallwand ist oben um 45 Grad geknickt und hat unten schalldämpfendes Material (Foto: PTB)
Die Schallwand ist oben um 45 Grad geknickt und hat unten schalldämpfendes Material (Foto: PTB)

Braunschweig (pte002/12.11.2008/06:05) Orchestermusiker sind an ihrem Arbeitsplatz häufig höheren Lautstärken ausgesetzt als es das EU-Arbeitsrecht erlaubt. Ein Schutzschild aus Plexiglas soll dafür sorgen, dass laute Töne besonders von Schlagwerk, Trompete und Posaune nicht direkt auf die Ohren der Musiker in den vorderen Reihen treffen. Der Konstrukteur dieses Schildes ist Ingolf Borks von der Arbeitsgruppe Geräuschemesstechnik an der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig http://www.ptb.de . "Wenn die durchschnittliche Belastung in acht Stunden den Pegel von 80 dB überschreitet, so muss auch bei Orchestern etwas zum Schutz vor Gehörschäden getan werden", betont er im Gespräch mit pressetext.

Seit Februar dieses Jahres verbietet die Lärmschutz-Verordnung der EU solche Lautstärken. "Zu recht", sagt Borks, "denn die Spitzenlautstärken in Symphonie- und Opernorchestern liegen bei klassischer Musik sogar bei 120 dB." Wo Verständigung nur mehr durch Schreien möglich sei, werde das Wohlbefinden der Betroffenen geschädigt. Die Betroffenen würden dadurch krank und erlitten immer wieder auch Hörschäden. "Für Berufsmusiker kann das Arbeitsunfähigkeit bedeuten", so der Braunschweiger Messexperte. Studien der Universität Gießen zeigen, dass selbst unter Amateur-Musikern jeder vierte Mann und jede sechste Frau an Gehörschäden leidet. Kurzzeitig auftretende hohe Lärmpegel zeigten dabei schlimmere Folgen für das Gehör als langfristig anhaltende Belastungen, der etwa Orgelstimmer ausgesetzt sind.

Da die Lautstärke eines Orchesterstücks nicht ohne erhebliche künstlerische Qualitätseinbußen gedrosselt werden kann, wird vielerorts an Methoden der Schalldämpfung geforscht. Bisherige Vorrichtungen besitzen kein hohes Ansehen bei Musikern, da sie eher neue Probleme schaffen. Ohrstöpsel dämpfen hohe Töne und verschlucken die Sprache des Dirigenten bei der Probe. Zudem verstärken sie den Körperschall über die eigenen Knochen, wodurch der Spieler den Ton seines Instruments nicht mehr optimal kontrollieren kann. Borks Erfindung scheint hier Hoffnung zu geben: Er entwickelte einen Schirm, der den Schall durch einen Knick über den Kopf des vorne sitzenden Spielers nach oben weglenkt. So können Töne im kritischen Bereich oberhalb von 250 Hertz den Schallpegel am Musikerohr um bis zu 20 dB senken, bestätigt Borks. Erprobt wird der Schirm derzeit beim Orchester der städtischen Bühnen Münster.

Borks rechnet mit hohem Interesse seitens der Orchester, sobald sich positive Akzeptanz der Musiker im Test bestätigt. "Alle Orchester warten auf solche Maßnahmen, da sie andernfalls arbeitsrechtliche Probleme befürchten. Musiker könnten aufgrund der Lärmbelästigung sonst ihre Arbeit verweigern." Persönlichen Profit erwartet Bork durch seinen Prototyp nicht, der Schirm wurde nicht patentiert und kann aus handelsüblichen Materialien leicht nachgebaut werden. "Er muss jedoch an die jeweiligen Gegebenheiten des Probenraums oder des Orchestergrabens angepasst werden", so Bork abschließend.

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