pte20090506049 Medien/Kommunikation, Unternehmen/Wirtschaft

US-Lokalberichterstattung verlagert sich ins Web

Zeitungssterben lässt regionale Nachrichtenportale aus dem Boden schießen


Deutsche Lokalzeitungen nach wie vor beliebt  (Foto: pixelio.de(Stephanie Hofschlaeger)
Deutsche Lokalzeitungen nach wie vor beliebt (Foto: pixelio.de(Stephanie Hofschlaeger)

Denver/San Francisco (pte049/06.05.2009/17:42) In den USA stehen immer mehr Webportale im Zeichen des Lokaljournalismus. Seit 2004 sind 800 auf lokale Berichterstattung ausgerichtete Plattformen online gegangen. Große Regionalzeitungen wie der Seattle Post Intelligencer oder die Rocky Mountain News in Denver werden indes wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt. Ob Nachrichtenportale mit regionalem Schwerpunkt ökonomisch tragfähig sind, wird von Medienexperten bezweifelt. Trotz alternativer Geschäftskonzepte wird den meisten Plattformen nur eine geringe Lebensdauer attestiert.

Der Trend hin zu Lokalnachrichtenseiten scheint dennoch ungebrochen. Solche Plattformen füllen weiterhin im Zuge des Zeitungssterbens entstandene Lücken. Inhalte werden eher über Spenden, Leserabos und Zuwendungen von ortsansässigen Unternehmen als über Werbeanzeigen finanziert. Oft werden sogar Freiwillige eingeschult und als ehrenamtlich tätige Lokalreporter eingesetzt. Die Finanzierungsfrage von Qualitätscontent bleibt jedoch auch bei Portalen mit regionalem Fokus wie Everyblock.com http://www.everyblock.com oder Spot.us http://www.spot.us unbeantwortet.

Seit 2008 gingen in der krisengeschüttelten US-Zeitungsbranche 25.000 Jobs verloren. In Seattle gründeten Reporter des aufgelassenen Seattle Post-Intelligencer das Portal Seattle PostGlobe online. Initiativen von entlassenen Journalisten stehen jedoch nicht immer unter einem guten Stern. 30 ehemalige Journalisten der Rocky Mountain News sind sehr bemüht, um auf INDenver Times http://www.indenvertimes.com lokale Berichterstattung anzubieten. Das Projekt droht jedoch zu scheitern, da bislang nur 3.000 Abonnements um monatlich 4,99 Dollar an den Leser gebracht werden konnten. Erst 50.000 Abonnenten würden die Finanzierung der Seite sicherstellen. Zudem scheinen die Sponsoren aus der Region angesichts der finanziellen Ausweglosigkeit ihr Interesse an Lokalnachrichten verloren zu haben.

Überregionale Anbieter wie die New York Times reagieren mit der Betreuung von Blogs regionalen Inhalts. Auf diese Weise soll getestet werden, wie ein tragfähiges Geschäftsmodell für ein lokales Anzeigengeschäft aussehen könnte. Deutsche Zeitungshäuser setzen bei ihren Blogs eher noch auf Persönlichkeiten als auf die Nachbarschaft. "Die Entwicklung in den Vereinigten Staaten kann nicht auf Deutschland übertragen werden. Regionalzeitungen bzw. Lokalteile haben hierzulande nach wie vor einen hohen Stellenwert, wenngleich das Problem eines rückläufigen Anzeigenverkaufs und verminderter Auflagen nicht geleugnet werden kann", sagt Hendrik Zörner, Pressesprecher des Deutschen Journalisten Verbandes http://www.djv.de , gegenüber pressetext.

"Diese Entwicklung bewirkt ein geringeres Maß an journalistischer Kontrolle über die erscheinenden Inhalte", gibt Jane McDonnell, Executive Director der Online News Association, in CNN Online zu bedenken. Das wirft zwangsläufig die Frage nach der Qualität der gebotenen Berichterstattung auf. Von Internetportalen bis hin zu privaten Radiostationen sind alle Medien gleichermaßen betroffen. "Dabei ist vor allem die fortschreitende Kommerzialisierung der Formate bedauerlich", gibt Zörner zu bedenken. Journalisten könnten in politischer wie in sozialer Hinsicht eine sehr viel wichtigere Rolle spielen. Die Finanzierung von Qualitätsinhalten bleibt das Schlüsselproblem. Geht es nach David Cohn, Gründer der Plattform Spot.us, ist es von entscheidender Bedeutung, dass neue Wege, Nachrichten zu machen und zu finanzieren, erprobt werden.

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Aussender: pressetext.austria
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