pts20050628049 Politik/Recht, Produkte/Innovationen

Gewerbeverein: Das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz macht das Leben schwer!

Geldbußen in Höhe von zwei Drittel des Jahresertrags können Betriebe killen!


Wien (pts049/28.06.2005/20:55) Rechtsanwalt Mag. Alexander Singer (Singer Fössl Rechtsanwälte) bewies in einer Abendveranstaltung gemeinsam mit dem Veranstalter, dem Österreichischen Gewerbeverein (ÖGV), einmal mehr Themenführerschaft. Gerade durch den Ministerrat durch, stellte Singer äußerst informativ die Grundzüge des neuen Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes vor (VbVG).

Unserem Rechtsdenken ist die Verantwortung von Unternehmungen fremd. EU, Kaprun und andere Ereignisse setzen nunmehr auch Betriebe - nicht nur deren Organe - auf die Anklagebank. Wobei es ausdrücklich um die Rechtsprechung bei Straftaten geht, für die ein Verband (das sind im Wesentlichen juristische Personen - etwa AGs oder GmbHs und Personengesellschaften - OHGs, KGs) verantwortlich ist, weil sie zu seinen Gunsten begangen oder Pflichten verletzt wurden, die den Verband treffen. Ausdrücklich bundes- oder landesgesetzliches Strafrecht muss verletzt sein - Verwaltungsstrafrecht ist nicht inkludiert.

Das mit Beginn 2006 in Kraft tretende Gesetz mit dem geschwollenen Namen tendiert in Richtung einer Erfolgshaftung, bei der die Verwirklichung eines Straftatbestands allein und ohne Rücksicht auf individuelle Schuld zur rechtlichen Verantwortlichkeit genügen kann. Ist ein Verschulden einer individuellen Person nicht nachweisbar, griff das konventionelle Strafrecht bisher nicht. Nach dem neuen Gesetz genügt es nun, wenn irgendwer im Unternehmen die objektiv gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen hat - das erleichtert dem Staatsanwalt das Handwerk.

Dieser Irgendwer kann sowohl Entscheidungsträger wie Mitarbeiter sein. Das Unternehmen ist verantwortlich, wenn Erstere eine Straftat rechtswidrig und schuldhaft begangen haben, bei Mitarbeitern vom Lehrling aufwärts geht es moderater zu: Bei Fahrlässigkeitsdelikten muss die Straftat rechtswidrig und dabei die nach den Umständen objektiv gebotene Sorgfalt außer Acht geblieben sein.

Die Geldbuße bei Verurteilung - ein Unternehmen kann ja nicht eingesperrt werden - scheint noch nicht richtig durchdacht zu sein. Sie reicht bis zu 66,67 Prozent eines Jahresertrages. Nicht bekannt ist bis dato, von welchem Jahr und was bei Verlusten geschieht. Bei Verlusten wird wohl die Mindeststrafe in der Höhe eines Tagessatzes von EUR 50,00 zur Anwendung gelangen. Ein Rückgriffsrecht nach Bezahlung der Geldbuße auf Entscheidungsträger oder Mitarbeiter ist ebenso wie eine steuerliche Absetzbarkeit ausgeschlossen!

Es gibt wohl kein Unternehmen, das von der Verbandsverantwortlichkeit ausgenommen ist. Gebietskörperschaften sind das sehr wohl.

Besonders wies Alexander Singer darauf hin, dass nach dem VbVG gegen ein Unternehmen verhängte Geldbußen, auferlegte Probezeiten oder erteilte Weisungen (auch diese sieht das Gesetz vor!) grundsätzlich auch auf den Rechtsnachfolger übergehen. Dies wird in Zukunft auch bei Unternehmenskäufen zu berücksichtigen sein.

Freude kommt bei Unternehmen bezüglich der Verbandsverantwortlichkeit nicht gerade auf. Aber was im anglo-amerikanischen Rechtskreis schon lange selbstverständlich und in fast allen EU-Ländern verankert ist, musste ja auch nach Österreich kommen, um internationale Vorgaben umzusetzen.

(Ende)
Aussender: Österreichischer Gewerbeverein
Ansprechpartner: Herwig Kainz
Tel.: +43/1/587 36 33
E-Mail: h.kainz@gewerbeverein.at
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